auf unverständnis stößt die neue imagekampagne ‚chemnitz stadt der moderne‚. ich frage mich schon, ob das eben jene texter waren, die auch die fdp-plattitüden in leipzig ausgeheckt haben (mittelstand statt VEB, eine mißlungene anspielung auf die verstaatlichung von banken). auf jeden fall war es eine werbeagentur aus leipzig, die sich in volkes ungnade begab und brüskierte reaktionen bei den politikern der stadt hervorrief. offenbar im politischen tiefenrausch hat oberbürgermeisterin barbara ludwig einen werbeetat in höhe von 200.000 euro verpulvert, um nun im nachgang die trümmer des dadurch provozierten imageschadens wegzuräumen.
(c) stadtverwaltung chemnitz
mein ganz persönlicher favorit ist dieses plakatmotiv. ein slogan, der an den blockbuster ‚poltergeist‘ erinnert. leider ergibt er auch im zusammenspiel mit dem foto keinen sinn. und um die kleingedruckte texterläuterung entziffern zu können, bräuchte man einen feldstecher. im zeitgeist dürfte der mundschutz wohl eher mit vogelgrippe und schweinegrippe assoziiert werden, dafür haben die medien ja gesorgt. aber neiiin, keineswegs! das soll ein sinnbild des gründergeistes von jungen unternehmern darstellen. ich frage mich, um wie viele ecken soll ich noch denken, wo das realiter meine liebste freizeitbeschäftigung ist? und wie alt müssen die werbeentwürfe sein, daß bis zu der präsentation am 8. mai kein spiel- oder besser reinraum mehr bestand, die parallelen zu erkennen? welche selbstverliebtheit in ideen…
(c) chemnitzer stadtverwaltung
und erst diese phänomenale ableitung der redewendung ‚hans dampf in allen gassen‘ (da schwankt die lesart zwischen tausendsassa und tunichtgut). ich dachte, daß in sachsen rauchverbot in öffentlichen gebäuden und gaststätten gilt. schon wieder eine gesetzesänderung? hier verbreitet es rauch in allen räumen. das räuchermännchen, traditionell mit dem erzgebirge in verbindung gebracht, wird plötzlich ganz in die nähe von chemnitz verlagert. der speckgürtel ist das aber schon nicht mehr. okkupation? und sooo gemütlich und einladend dieses weihnachtsbild mitten im frühling. hach, wenn ich doch nur schon wieder frieren könnte und schon ab 15 uhr das licht einschalten, das wäre einfach grauenhaft!
(c) stadtverwaltung chemnitz
‚täglich 3000 chemnitzer unter der haube‘??? gemeint ist wohl unter der fuchtel/knute. eine ehe mit dem arbeitgeber? also mit eheversprechen, die dann ohnehin nicht eingehalten werden, lockt mich niemand, auch nicht vw. daran kann der leser auch gut erkennen, daß diese kampagne vor der wirtschaftskrise entstanden sein muß. oder zittert heute nicht nahezu jeder beschäftigte in der automobilindustrie und der zuliefererbranche vor den drohenden entlassungen, wenn erst einmal der verkaufsboom bei den kleinwagen nachläßt, weil der staat kein geld mehr für die verschrottung von autos, sondern nur noch für die selbstzerstörung oder wahlweise den bau von schutzbunkern übrig hat?
und was ist mit den werbetextern los? das ist fade, unlesbar, größtenteils unverständlich und altbacken. in die mühlen der amtsschnecken und kommunalmacht geraten? es gibt noch fünf andere motive, die ich gar nicht erst abbilden will. bei ‚brandt im chemnitzer kaßbergviertel‚ denke ich zunächst an einen druckfehler im polizeibericht und nicht an die bauhaus-formgestalterin marianne brandt. die frage ‚möchten sie mal ein paar ganz bekannte treffen?‚ kann ich nur verneinen, denn die gemeinten künstler liegen alle schon ziemlich lange unter der erde. eher eine horrorvorstellung. ihre werke würde ich hingegen gerne sehen. die claims setzen ein hohes maß an insiderwissen voraus, scharfe augen oder eben ferngläser. nicht unbedingt prädestiniert, um die gunst von einwohnern und touristen zu gewinnen.