kleine deals unter nachbarn

schon beim verlassen der wohnung findet man post-its mit notizen vor der tür. darauf befinden sich solche selbstverständlichkeiten wie: bitte blumen von dann bis dann füttern. ich hoffe, du bist da. irgendwie scheint es an der wand vor meiner tür keine klingel zu geben. oder meine telefonnummer ist kurzfristig abhanden gekommen. persönliche bitten scheinen ganz und gar out zu sein. beim klopfen an der tür brechen wohl die fingernägel ab. oder aber die haut an den fingerknöcheln wird vermutlich bis zum lebensende lädiert. selbstverständlich füttere ich nicht nur die blumen, sondern entsorge auch den tee samt beutel und das schimmel ansetzende müsli in der tasse. denn wenn man in ein singlehotel verreist, von dem man bei der buchung gaaar nicht wußte, das soetwas üüüberhaupt existiert und das auch erst nach der reservierung registrierte, kann man schon mal die müffelnden miasmen vergessen. den errötenden hauch der lüge auf den wangen vermeidet man durch unpersönlichste zettelbotschaften.

wie ihr euch sicher denken könnt, handelt dieser text nicht von der serie weeds, sondern von einem ziemlich vorteilhaften geschäft einer dame, bei der ich im stillen hoffe, daß sie die liebe ihres lebens gefunden hat und nun bald auswandert. denn das ding, was sie sich aus dem urlaub als geburtstagsgeschenk mitbrachte, hatte immerhin nachts einen ständer, während das ding, das ich dringend benötige, um meinen sonnenschirm aufzustellen doch eher ausverkaufter und gußeiserner natur ist. der kuhhandel ereignete sich im treppenhaus. die verkäuferin bot mir einen der doppelt gekauften sonnenschirme an, schränkte aber ein, daß die ständer erst später geliefert würden. ich überlegte einen tag lang. dann schlug ich ein. muuuuuh, ich dussliges rindviech. als ich nämlich die rechnung überreicht bekam, wurde mir mitgeteilt, daß sie nur einen der halbrunden schirmständer bestellt hatte. und ich könne doch jederzeit einen nachbestellen. schwupps, wurde mir der besagte implosionen-katalog rübergereicht (ich sag dazu nur: mit absatzschuhen auf der leiter). dann schloß sich die tür von prinzessin auf der erbse. frau wortfeile blätterte den katalog durch, von vorne nach hinten und wieder zurück. was sie darin nicht fand, war besagter schirmständer.

vorsichtig klopfte sie an die tür der nachbarwohnung und fragte,  wo man denn höchstselbst den schirmständer bestellt habe: das findest du ganz einfach im internet. gibts überall. aber mir hat den meine mutter bei ich-bin-fein-aus-dem-schneider bestellt. auf meine frage, ob denn ihre mutter auch einen für mich ordern könnte, kam die entnervte antwort: also was denkst du denn? ich kann doch meine mutter nicht für dich um einen gefallen bitten?! außerdem ist das ein versandhandel nur für gewerbetreibende. aaaah ja, so wie sie – die angestellte. ich suchte also im netz, las entweder: ausverkauft, derzeit nicht lieferbar, verfügbar ab… kurz gesagt, ich konnte ihn nirgends bestellen, ohne gleichzeitig noch eine clubmitgliedschaft an der backe zu haben. frau wortfeile kam arg ins grübeln. langentschlossen meldete sie ihre firma bei dem versandhandel an und bestellte. von einem liefertermin hat sie bis heute nichts gehört oder gelesen. nur den bekloppten katalog fand sie in der post. und sie grübelte auch über ihre mitmenschen nach. sie fand, daß einige es sich superbequem im leben einrichten. sie haben keine lust, ein überflüssiges und noch dazu unvollständiges teil zur post zu schleppen, also wirds dem nächstbesten verscherbelt. dummerweise prüfe ich in solchen fällen nicht jedes detail vorher und sichere mich auch nicht nach allen seiten ab. allgemein bezeichnet man solches verhalten als gegenseitiges vertrauen. das war mal. das wird  mir in diesem spezialfall nicht wieder passieren. und den honig kann mancher sich in zukunft selbst ums maul schmieren. und in der sonne auf dem nachbarbalkon im eingemachten schmoren. denn ihr einer ständer ist heute abgereist und der andere wurde auch noch nicht geliefert. die tränen trocknet die sonne. schweißperlen gibts gratis dazu. tjaaa, mein mitleid hält sich ja in gaaanz engen grenzen. wahrscheinlich habe ich gerade einen sonnenstich.

16 Antworten zu “kleine deals unter nachbarn

  1. was habe ich grad über deine wunderbar geschriebene geschichte gelacht. herrlich. merci!

    liebe grüße, katerwolf

  2. Schön zweideutig, aber lachen kann ich jetzt nicht mehr…wir haben verloren 😦

  3. Geschichten, wie sie das Leben so schreibt. Manchmal heißt das Leben auch „wortfeile“. – Auch ich bin immer noch nicht aus Schaden klug geworden – offensichtlich werden es manche nie!

  4. Danke dir für den Schmunzler am Morgen liebe Wortfeile. Das hast du super geschrieben! Ich muss es direkt noch mal lesen!

    Ich wünsche dir einen schönen Start in den Tag, ohne Zettelchen 😉

  5. Das ist ein gar arg übles Spielchen, wenn Nachbarschaft ausgenutzt wird… Hier in unserem Hause gibt es seit einer Weile Nachbarn/innen, ich muss sagen leider allesamt jüngeren Datums, die scheinen noch nie in ihrem Leben das Wörtchen „Rücksichtnahme“ gehört zu haben. Auch hat ihnen wohl niemand beigebracht, dass man Türen vor allem des Nachts leise zu schließen hat… *Seufz*… Früher hatten wir zwei betagte Megären hier im Haus, die an Niemandem ein gutes Haar ließen und sich über jeden Sch… fürchterlich aufregten. Aber leise ist’s hier gewesen, angenehm leise…

    • es läßt die gute erziehung auf jeden fall deutlich vermissen. dabei ist der altersunterschied zwischen uns nicht bedeutend. ganz besonders schön, wenn man glaubt, nebenan eine hüpfburg zu haben, dabei „läuft“ nur jemand ;-). die werden alle älter und vielleicht auch mal empfindlicher :grin:.

      • Neulich, als ich nahe meines Hauses um die Ecke radelte, empfing mich schallend lautes Rapp- und Techno-Getöse. Zuerst hatte ich die „In“-Kneipe ein paar Häuser weiter in Verdacht, doch beim Näherkommen stellte es sich heraus, dass mein Nachbar ober meiner anscheinend völlig durchgeknallt zu sein schien und seine Stereoanlage aber dermaßen überlaut laufen ließ, dass die Wände wackelten und die Möbel vibrierten. Sämtliche „Ruhe!“-„Mach‘-endlich-leiser!“-Rufe ignorierte er. Diese „Berieselung“ dauerte etwa eine halbe Stunde. Und dann war gottlob Schluss.
        Ich habe ihn in einem kleinen Briefchen darauf hingewiesen, dass vor genau 100 Jahren eine geniale Erfindung namens Kopfhörer gemacht worden ist, sie ermöglicht die ungetrübte Hingabe an die Musik, ohne seinen Musikgeschmack in schier unerträglicher Überlautstärke den Mitbewohnern aufzwingen zu müssen. Als Anlage fügte ich noch freundlicherweise ein paar Seiten mit Kopfhörer-Angeboten aus dem Internet dazu… Mittlerweile ist er ganz, ganz leise, scheint auf Zehenspitzen durch seine Wohnung zu schleichen, man hört keinen Mucks mehr…

        • liebe freidenkerin,

          so einen hatte wohl beinahe jeder schon mal im umfeld. ich habe damals genauso wie du reagiert. das problem bei der jetzigen nachbarschaft besteht aber darin, daß sich die madame für eine prinzessin hält und wenigstens divahafte züge an den tag legt. also so richtig!!! ich habe das versucht, in dieser geschichte zu erzählen:
          https://verbalescapaden.wordpress.com/2010/03/03/
          ich habe es da mit einer riesenportion übersteigertem ego zu tun, gegen die ich irgendwie nicht ankomme. ich will mich auch nicht näher damit beschäftigen, da ärgere ich mich nur noch mehr :roll:. irgendwann finde ich vielleicht einen ansatzpunkt. im moment nervt es einfach.

          liebe grüße

  6. Wenn es nicht gerade Dich treffen würde, wäre es super lustig 😀

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